Vortrag
Im Rahmen der Vortragsreihe »Wo ist die Zukunft geblieben?«
Vor dem Überholen empfiehlt sich ein Blick in den Rückspiegel
Über die Literatur als Medium des Gedächtnisses und der Gegenwartswahrnehmung
Vortrag: Ijoma Mangold
Am Dienstag, den 2. Februar 2016 um 19.00 Uhr in der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (Max-Joseph-Platz 3, 80539 München)
Eintritt: frei
Platzzahl begrenzt, Platzkarten werden ausgegeben.
Nicht barrierefrei
Gefördert durch die Friedrich-Baur-Stiftung.
Einführung: Michael Krüger, Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste
Ijoma Mangold, ist nach Stationen bei der Berliner Zeitung und der Süddeutschen Zeitung Literaturchef der ZEIT. Geboren 1971 in Heidelberg, hat er Literaturwissenschaft und Philosophie in München, Berlin und Bologna studiert. Er ist Träger des Berliner Preises für Literaturkritik, war Gastprofessor für Literaturkritik an der Universität Göttingen und moderierte zusammen mit Amelie Fried die ZDF-Literatursendung »Die Vorleser«. Er lebt in Berlin.
Das Beruhigende an der Zukunft ist, dass sie in jedem Fall kommt. Es ist dieser Umstand zugleich das Beunruhigende an der Zukunft. Wer mehr von ihr will, als dass sie nur kommt, beschwört sie entweder als Morgenröte eines neuen Zeitalters oder malt sie mit düsteren Zeichen als letzte Tage der Menschheit an die Wand, bevor dann der Letzte das Licht ausmacht. Utopie oder Apokalypse sind zwei Seiten der selben Medaille: Ein Ungenügen an der Gegenwart, deren Gebrechen entweder zum großen Knall hochgerechnet oder aber siegreich überwunden werden sollen. Am Ende aber kommt immer nur die Zukunft, die in jedem Fall kommt. Sie spart zwar wahrlich nicht mit atemverschlagenden Innovationen, ist aber doch nicht das, was sich der Utopiker wie der Apokalyptiker von ihr versprochen hatte. Deswegen brauchen wir die Literatur, weil sie mehr Komplexität verarbeiten kann und so unseren Blick auf Winkel unserer Gegenwart lenkt, aus denen das Neue entsteht, ohne dass es sich laut ankündigt.