Lesung
DACHAU // PROZESSE
Eine szenische Lesung von Karen Breece
Am Donnerstag, den 27. April 2017 um 19.00 Uhr im NS-Dokumentationszentrum München (Brienner Straße 34)
Der Eintritt ist frei.
Am 23. Mai 2014 wurde auf dem Gelände der ehemaligen SS-Garnison in Dachau (heute das Gelände der Bayerischen Bereitschaftspolizei) unter großem Medienecho das Theaterprojekt »DACHAU // PROZESSE« der Regisseurin Karen Breece uraufgeführt.
Basierend auf den Protokollen der Dachauer Prozesse von 1945 bis 1948, in denen Konzentrationslagerverbrecher wie der KZ-Kommandant Martin Gottfried Weiß vor einem amerikanischen Militärgericht angeklagt wurden, sowie auf bislang kaum bekannten Briefwechseln und Erinnerungen von Weiß und seiner Frau Lisa, stellte das Projekt die Frage, wie es möglich war, dass Menschen in der SS-Garnison auf der einen Seite des Zauns einen glücklichen Alltag lebten, während sie auf der anderen Seite im KZ Dachau Häftlinge quälten, misshandelten und töteten? Waren die Täter Bestien, Weltanschauungskrieger oder ganz normale Menschen? Im Mittelpunkt stand dabei das Leben »Zaun an Zaun« – SS-Siedlung neben KZ.
Die Besucher der Aufführungen 2014 erkundeten in Bussen die ehemalige SS-Garnison und wurden anschließend im historischen War-Crimes-Branch-Gebäude Zeugen eines neuen Dachauer Prozesses. Neben Schülern, Historikern, Zeitzeugen, Schauspielern und Dachauer BürgerInnen, die an dem Projekt mitwirkten, wurden auch die Zuschauer Teil eines Prozesses, der Fragen der Menschlichkeit und Unmenschlichkeit neu verhandeln und damit einen persönlich-menschlichen Prozess in den Besuchern auslösen sollte, Haltungen zur Geschichte und zur Gegenwart zu untersuchen und zu reflektieren.
In einer gekürzten und leicht modifizierten Fassung werden ausgewählte Teile der Inszenierung von »DACHAU // PROZESSE« nun noch einmal als szenische Lesung im Auditorium des NS-Dokumentationszentrums München gezeigt.
Einführung: Dr. Robert Sigel, Bayerische Landeszentrale für Politische Bildungsarbeit
Es lesen: Dominik Härtl, Ernst Konwitschny, Angelika Mauersich, René Rastelli, Verena Wildmoser und der Schauspieler Sebastian Mirow
Sprecher der Hörspielszenen: Walter Hess, Hildegard Schmahl
Textfassung: Karen Breece, Tobias Schneider
Veranstalter: NS-Dokumentationszentrum München in Kooperation mit der KZ-Gedenkstätte Dachau
KAREN BREECE studierte von 1997 bis 2001 Darstellende Kunst bei Prof. Dr. David Esrig an der Athanor Akademie. Seit 2006 arbeitet sie als freie Regisseurin. 2011 arbeitete sie auf Einladung des niederländischen Intendanten und Regisseurs Johan Simons an Projekten für die Münchner Kammerspiele (Stadtraumprojekt »Die Perser«, Bayern-Kaserne Freimann und »Dunkelkammer«, Spielhalle). Karen Breece schreibt und inszeniert Stücke, die sie auf der Basis intensiver Recherchearbeit und persönlicher Gespräche entwickelt. Nach diversen Projekten, die sich mit der Auseinandersetzung und Aufarbeitung der deutschen Geschichte, insbesondere dem Nationalsozialismus, beschäftigt haben, hat sich der thematische Fokus der US-Amerikanerin auf die (politische) Gegenwart verschoben. Ihre jüngeren Projekte konzentrieren sich auf Diskurse und Fragestellungen der Interkulturalität und Identität, vor allem vor dem Hintergrund eines im Wandel befindlichen Europa. Das »Dokumentar-Theater« von Karen Breece entsteht auf der Grundlage von Interviews mit (Zeit-)Zeugen und - je nach thematischer Verortung - direkt Betroffenen, die sie transkribiert und dann mehrfach überschreibt, indem sie die Aussagen durch literarische, politische oder philosophische Verweise und Assoziationen neu kontextualisiert. Durch ihren Ansatz, das Publikum mittels partizipativer Strukturen einzubinden und »site-specific«, also bewusst an konnotierten Orten des Öffentlichen Raums zu arbeiten, schafft Breece Reflexionsräume, die den Grenzbereich zwischen Kunst und Leben unscharf erscheinen lassen. Auf diese Weise werden Prinzipien des Dokumentarischen und das Genre des Dokumentar-Theaters in ihren Grundfesten reflektiert. 2012 erhielt sie für ihre Inszenierung des KZ-Häftlingsstücks »Die Blutnacht auf dem Schreckenstein« in der Papierfabrik Dachau bayernweite Medienresonanz. 2013 folgte in der Erlöserkirche München-Schwabing ein vielbeachtetes Theaterexperiment mit alten Menschen, die Uraufführung »was wir liebten«. 2014 eroberte Karen Breece mit ihrem Theaterteam in »Dachau // Prozesse« mit dem ehemaligen SS-Gelände, heute das Gelände der Bereitschaftspolizei Dachau, erneut theatral einen »Un-Ort« und machte ihn erstmals der Öffentlichkeit zugänglich. Im Sommer 2015 inszenierte Karen Breece »Welcome To Paradise«, ein Theaterprojekt zur aktuellen Asylpolitik auf der Grundlage von Gesprächen mit Flüchtlingen und Asylbeamten, das in Koproduktion mit dem Münchner Volkstheater entstand und in der St. Matthäus Kirche am Sendlinger-Tor-Platz uraufgeführt wurde. In ihrer aktuellen Produktion »don't forget to die«, einem Theaterprojekt über das Sterben, die im Januar 2017 im HochX uraufgeführt wurde, setzen sich fünf Menschen im Alter von 73 bis 93 Jahren auf der Bühne mit ihrem eigenen Tod auseinander.
Mehr Infos hier: www.karenbreece.com